„Sind meine Kinder im Radanhänger sicher?“ Das ist eine der wichtigsten und häufigsten Fragen, die sich Eltern stellen, wenn sie sich überlegen einen Anhänger anzuschaffen. Da wir im Zuge der Aktion „G’schickt verkuppelt“ zur Nutzung von Radanhängern einladen, haben wir mögliche Bedenken einem Faktencheck unterzogen.
Unfallstatistik: Kein gemeldeter Unfall mit Kinderradanhänger in OÖ in den letzten drei Jahren
Laut Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) sind die Zahlen der gemeldeten Unfälle mit Fahrradbeteiligung, wo ein Kind am Fahrrad mitgenommen wurde, gering:
Verunfallte Kinder, mitfahrend im Radanhänger – in den Jahren 2020, 2021 und 2022 in Österreich sowie in Oberösterreich
Österreich gesamt | Oberösterreich | |||
verletzte Kinder | getötete Kinder | verletzte Kinder | getötete Kinder | |
2020 | 2 | 0 | 0 | 0 |
2021 | 1 | 0 | 0 | 0 |
2022 | 5 | 0 | 0 | 0 |
Jeder Unfall im Straßenverkehr mit verletzten und getöteten Kindern ist einer zu viel. Im Jahr 2022 kamen 13 Kinder im Alter bis 14 Jahre im Straßenverkehr in Österreich ums Leben, davon sechs als Pkw-Insass:innen, vier als Fußgänger:innen, eines als Lenker:in eines E-Scooters, eines als Mopedlenker:in und eines als Radfahrer:in.
Im Jahr 2021 verunglückten sechs Kinder und im Jahr 2020 zwei Kinder tödlich. (Quelle: Unfallstatistik 2022, Bundesministerium für Inneres)
Der letzte tragische Unfall mit einem Radanhänger, wo zwei Kinder tödlich verunglückt sind, passierte im Jahr 2019 im Bezirk Korneuburg in Niederösterreich. (KfV 2023)
Langjährige Praxiserfahrungen mit der Nutzung von Radanhängern gibt es im Bundesland Vorarlberg, wo die Anschaffung von Kinderradanhängern von zahlreichen Gemeinden gefördert wird und die Verbreitung von Radanhängern dementsprechend hoch ist:
„Ich habe mich vor gut 10 Jahren einmal beim Kuratorium für Verkehrssicherheit erkundigt, ob in Vorarlberg ein Unfall mit einem Radanhänger dokumentiert worden ist. Es gab keinen einzigen Vorfall. Seither beobachte ich alle Verkehrsmeldungen zu Radunfällen und es ist mir in den letzten 10 Jahren nicht ein einziger Unfall mit einem Anhänger untergekommen. In meiner Heimgemeinde Wolfurt haben wir in den letzten Jahren bei 9000 Einwohnern über 1000 solcher Anhänger gefördert. Es gibt also wirklich eine hohe Dichte an Anhängern – ohne irgendwelche Probleme.“
Martin Reis, Fachbereichsleiter Mobilität, Energieinstitut Vorarlberg
Schadstoffbelastung im Kinderradanhänger hängt vom Verhalten ab
Babys und Kinder im Kinderwagen oder Fahrradanhänger, die sich mit ihrem Kopf auf gleicher Höhe mit dem Auspuff befinden, sind höheren Luftschadstoffbelastungen ausgesetzt. Wissenschaftliche Studien kommen zum Ergebnis, dass Kinder im Radanhänger einer höheren Schadstoffbelastung ausgesetzt sind als Kinder, die in einem Auto mitfahren, wenn auf derselben Strecke gemessen wird.
In der Praxis meiden Radfahrende jedoch Straßen mit viel Auto- und Lkw-Verkehr und wählen alternative Routen, die auf wenig befahrenen Straßen oder auf Radwegen verlaufen. Zudem ist die Schwankung der Feinstaubbelastung zwischen einzelnen Tagen aufgrund der Witterungsverhältnisse deutlich größer als es die Unterschiede zwischen der Mitnahme mit dem Pkw oder dem Fahrrad sind.
Ob die Mitnahme in einem Fahrradanhänger, Transportrad oder in einem Kindersitz auf dem Gepäckträger erfolgt, bleibt sich in Bezug auf die Schadstoffbelastung relativ gleich. (Quelle: Fahrradlabor Karlsruhe 2022)
Hier drei Tipps, um die Schadstoffbelastung zu verringern:
- Lasse das Regenverdeck des Fahrradanhängers offen, nutze nur den Insektenschutz
- Wähle wenn möglich Routen, die auf ruhigeren Straßen mit wenig motorisiertem Verkehr oder auf Radwegen verlaufen.
- Kannst du eine stark befahrene Straße nicht vermeiden, halte Abstand zu Auspuffen. Vor allem wenn du an einer Kreuzung zum Stehen kommst, stelle dich nicht direkt hinter einem Lkw oder Transporter auf. Oder vielleicht kannst du auch die Hauptverkehrszeiten meiden?
Was macht einen Kinderanhänger sicher?
Qualitäts-Kinderradanhänger bieten gute Sicherheitsfunktionen, um Kinder während der Fahrt zu schützen: einen stabilen Rahmen mit Überrollbügel, einen tiefen Schwerpunkt und ein sicheres Gurtsystem. Radanhänger kippen fast nie. Falls das Rad selbst umfällt, bleibt der Anhänger stehen – einer der großen Sicherheitsvorteile von Anhängern – vor allem im Vergleich zu Kindersitzen!
Darüber hinaus bieten teurere Modelle Federungssysteme, die Stöße und Unebenheiten der Straße absorbieren und so den Komfort für Ihre kleinen Passagiere erhöhen – das zahlt sich aus, wenn du immer wieder auf Schotterstraßen unterwegs bist. Ein Wimpel in leuchtendem Orange sorgt für deutliche Sichtbarkeit.
Die Europäische Norm DIN EN 15918 regelt die Sicherheitsanforderungen für Fahrradanhänger für den Transport von Kindern. Diese Norm legt beispielsweise Anforderungen an die Konstruktion, das Material, die Sicherheitsgurte und die Kennzeichnung fest.
Diese Europäische Norm legt die sicherheitstechnischen Anforderungen und die Prüfverfahren für Fahrradanhänger und deren Verbindungseinrichtungen fest.
Im Rahmen dieser Norm werden verschiedene Tests durchgeführt, die u.a. Aspekte wie die Sicherheit der Insassen beim Umkippen/Rollen oder das einfache An- und Abkuppeln bestätigen.
Sicherheitsanforderungen in DIN EN 15918 sind:
- Konstruktion und Materialien: Der Standard legt Richtlinien für die allgemeine Konstruktion des Anhängers fest und spezifiziert die Art der Materialien, die verwendet werden sollen, um ausreichende Stärke und Haltbarkeit zu gewährleisten.
- Bremssystem: Kinderfahrradanhänger müssen über ein wirksames Bremssystem verfügen, das es dem Anhänger ermöglicht, sicher und schnell zum Stehen zu kommen, wenn das Fahrrad gebremst wird. Das Bremssystem sollte einfach zu bedienen und zuverlässig sein.
- Stabilität: Der Standard behandelt die Stabilität des Anhängers, um ein Umkippen während der Nutzung zu verhindern. Dies umfasst Anforderungen an die Breite und das Design des Anhängers, um sicherzustellen, dass er stabil bleibt, während er am Fahrrad befestigt ist.
- Aufprallschutz: Kinderfahrradanhänger sollten Merkmale haben, um Insassen im Falle einer Kollision oder eines Aufpralls zu schützen. Dazu gehören gepolsterte Sitze, verstärkte Seitenwände oder ein Überrollschutz.
- Sicherheitsgurte: Der Standard fordert die Verwendung von Sicherheitsgurten, um das Kind im Anhänger zu sichern und ein Herausfallen während der Nutzung zu verhindern. Beim Test des Gurtsystems wird auf jedem Sitz eine Prüfpuppe positioniert und angeschnallt. Anschließend wird jede Prüfpuppe mit einer Kraft von 1000N in horizontaler Richtung belastet. Die Gurte dürfen danach keine Beschädigungen aufweisen.
- Sichtbarkeit: Kinderfahrradanhänger müssen über Reflektoren oder andere Sichtbarkeitsmerkmale verfügen, um ihre Sichtbarkeit für andere Verkehrsteilnehmer, insbesondere bei schlechten Lichtverhältnissen, zu erhöhen.
- Warnhinweise und Gebrauchsanweisungen: Der Standard schreibt vor, dass Kinderfahrradanhänger klare Warnhinweise und Gebrauchsanweisungen haben sollten, um eine ordnungsgemäße Nutzung und Wartung sicherzustellen.
Durch die Einhaltung von DIN EN 15918 können Hersteller nachweisen, dass ihre Kinderfahrradanhänger die erforderlichen Sicherheitsstandards für den europäischen Markt erfüllen. Verbraucher sollten nach Produkten Ausschau halten, die die CE-Kennzeichnung tragen, die die Konformität mit der geltenden Gesetzgebung und den Standards der Europäischen Union (EU) einschließlich DIN EN 15918 anzeigt.
Gesetzlich vorgeschriebene Ausstattung für eine gute Sichtbarkeit
Laut Fahrradverordnung muss der Anhänger auf eine bestimmte Weise ausgestattet sein, unter anderem mit
- einem eigenen vom Fahrrad unabhängigen roten Rücklicht (für Anhänger breiter als 60cm zwei Rücklichter)
- Reflektoren: vorne ein weißer, hinten ein roter und auf beiden Seiten ein gelber Rückstrahler mit jeweils 20 cm² Mindestgröße
- Feststellbremse oder Radblockiereinrichtung für beide Räder
- mindestens 1,5m hohe Fahnenstange mit leuchtfarbenem Wimpel
Laut Fahrradverordnung muss der Anhänger auf eine bestimmte Weise aussgestattet sein, was Licht, Reflektoren, Feststellbremse, Sicherheitsgurte etc. betrifft – hier der Gesetzestext:
„§ 5. (1)Jeder Fahrradanhänger, der in Verkehr gebracht wird, muss ausgestattet sein:
- mit einer vom Fahrrad unabhängigen Lichtanlage,
- mit einem roten Rücklicht,
- vorne mit einem weißen und hinten mit einem roten Rückstrahler; die roten Rückstrahler dürfen mit den Rücklichtern verbunden sein; sowie
- jeweils einem gelben Rückstrahler an den seitlichen Flächen.
Bei Anhängern, die breiter als 60 cm sind, sind jeweils zwei Rücklichter sowie zwei weiße und zwei rote Rückstrahler so anzubringen, dass die Breite des Anhängers zweifelsfrei erkennbar ist. Sämtliche Rückstrahler müssen eine rückstrahlende Fläche von jeweils mindestens 20 cm2 aufweisen.
(2)Fahrradanhänger sind einachsig und mit einer Radblockiereinrichtung, die auf beide Räder wirkt, oder einer Feststellbremse auszustatten.
(3)Zum Personentransport bestimmte Fahrradanhänger müssen unabhängig von Abs. 1 und 2 zusätzlich ausgerüstet sein: - mit geeigneten Rückhalteeinrichtungen,
- mit einer mindestens 1,5 m hohen, biegsamen Fahnenstange mit leuchtfarbenem Wimpel und
- mit einer Vorrichtung, die zur Abdeckung der Speichen und der Radhäuser und gegenüber Hinausbeugen und gegenüber Kontakt der Beine mit der Fahrbahn wirksam ist.
(4)Personen dürfen nur in Fahrradanhängern befördert werden, die zum Personentransport bestimmt sind (Abs. 3). Die Angaben des Herstellers über Gewicht, Größe und Anzahl der zu transportierenden Personen sind einzuhalten. Die Befestigung am Fahrrad darf ausschließlich über eine betriebssichere Kupplung erfolgen.
(5)Die Beschaffenheit der Kupplung muss gewährleisten, dass der Anhänger aufrecht stehen bleibt, wenn das Zugfahrrad umkippt.
(6)Fahrradanhänger dürfen nur zusammen mit - einer leicht verständlichen Betriebsanleitung für die sichere Befestigung am Fahrrad
a) in deutscher Sprache oder
b) in Form einer bildlichen Darstellung und - sofern der Anhänger für den Personentransport bestimmt ist, einem Sicherheitshinweis
a) in deutscher Sprache laut Anhang I oder
b) in bildlicher Darstellung, wobei die Inhalte laut Anhang I dargestellt werden müssen,
in Verkehr gebracht werden.“ Siehe ris.bka.gv.at
Zum Ziehen eines Anhängers sind laut Fahrradverordnung alle Räder zugelassen,
die über einen Ständer verfügen und deren Antrieb leicht genug übersetzt ist. (Entfaltung am leichtesten Gang unter 4 m pro Kurbeldrehung)
Sicherheitstipps für das Fahren mit Anhänger
- Mache die erste Fahrt mit dem Radanhänger am besten ohne Kind(er), um die Fahreigenschaften zum Beispiel beim Wenden oder bei Engstellen kennenzulernen und die Breite des Radanhängers gut einschätzen zu können.
- Halte etwas mehr Abstand zum Fahrbahnrand, um nicht mit dem Anhänger an Gehsteigkanten aufzufahren.
- Beachte, dass sich aufgrund des Gewichts der Bremsweg mit einem Anhänger verlängert und halte etwas mehr Sicherheitsabstand ein.
- Wenn du Wenden musst, mache besser eine Linkskurve, damit die Deichsel dem Hinterrad nicht in die Quere kommt.
- Achte bei schmalen Verkehrsinseln darauf, dass sowohl der Anhänger als auch das Zugfahrrad auf der Verkehrsinsel zu stehen kommen.
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